Bilder von ISTVÁN LAURER - Contact tel: +36302427990, E-mail: artbudapest(at)yahoo.com
„Ich glaube, ich mache Bilder nur für mich selbst. Jedes Bild ist eine Art Liebesbrief.
Jedes Bild ist eine Drehbuchgeschichte”
ISTVÁN LAURER
3.8.1948 - 21.1.2014
„Mit István Lauer verliert
Frankfurt eine äußest kreative Persönlichkeit, die die Kunstszene Frankfurts
bereichert hat. Seine vielfältigen, ausgefallenen und unterschiedlichsten
Projekte von gesellschaftlicher Relevanz brachten ihm in der Kunstöffentlichkeit
hohe Anerkennung und sein großes Engagement als Ideengeber für viele
Ausstellungsprojekte habe ich sehr bewundert.
Laurer studierte an der Städelschule bei Johannes Schreiter und arbeitete seit
vielen Jahren in einem Atelier der Stadt Frankfurt in der Ostparkstraße. Er
gehörte in den 1980er Jahren zu den Mitorganisatoren der
Ausstellungsinitiativen TANGO Frankfurt und LENIN Frankfurt, die mit ihrer
expressiven und figurativen Kunst frische Luft in die Kunstszene Frankfurts
brachten.
Seine Bilder schmückten international viele Ausstellungen und gehören zum
Bestand vieler öffentlicher und privater Sammlungen, wie beispielsweise die der
Deutschen Bank oder der Degussa. István Laurer wird uns allen sehr fehlen.“
István Laurer
1948 in Budapest geboren
1973 Studium an der Kunstakademie, Budapest
1973 Lastwagenfahrer
Übersiedelung in die Bundesrepublik Deutschland
1974 - 79 Studium an der Hochschule für bildende Künste Städelschule, Frankfurt a. M.
Malerei bei Johannes Schreiter
1980 Independent Art School, New York
1996 Atelierstipendium Galerie Budapest lebt und arbeitet in Frankfurt a. M.
Einzelausstellungen
1977 „Zeichnungen” Galerie Daberkow, Frankfurt a. M.
1983 „Die letzten Tage meiner Schönheit” Galerie Loehr, Frankfurt a. M.
1984 „Gesichtslose” Galerie ak, Frankfurt a. M.
1984 „Von mir aus”, Galerie Keller-Holk, Rheda-Wiedenbrück
1987 „Vista del Sud” Galerie Thieme, Darmstadt
1988 Galerie Thieme, Darmstadt
1990 Galerie Rainer Wehr, Stuttgart
1992 Galerie La Coupole, Neu-Isenburg
1993 Lindinger + Schmid, Regensburg
1994 Galerie La Coupole, Neu-Isenburg
1995 Produzentengalerie im Leinwandhaus, Frankfurt a. M.
1996 Galerie Art Form, Frankfurt
1997 Standort Ausstellungshalle e.V., Frankfurt a. M.
2008 Kunstverein Bellevue Saal, Frankfurt a.M. - GRÜNE WUT
2011 „Farbwechsel No25“ Kunst in der DKD, Wiesbaden
Ausstellungsbeteiligungen / Auswahl
1976 Landesmuseum Wiesbaden
1978 „35 vom Städel“ Kunstverein Frankfurt a. M.
1978 „Hommage René Magritte”, Gran Palais, Paris, Frankreich
1980 Galerie Loehr, Frankfurt a. M.
1981 „Tango Frankfurt“, Philanthropin, Frankfurt a. M.
1981 „Tango Frankfurt“ Köln
1982 „Verdächtige Bilder”, Galerie Schoof, Heidelberg
1982 „Lenin ein Tango-Projekt“, Philantrophin, Frankfrut a. M.
1983 „Die letzten Tage meiner Schönheit „ Galerie Loehr, Frankfurt a.M.
1983 „Erste Hilfe”, Köln
1983 „Künstlerbücher”, Artforum, Frankfurt
1984 „Kunstlandschaft Bundesrepublik“, Kunstverein München
1984 „Von mir aus” Galerie Keller-Holk, Rheda-Wiedenbrück
1985 XPO Galerie, Hamburg
1986 Raum 41, Bonn
1986 Stadtgalerie Sindelfingen
1987 „Malerei“, Kunstverein Frankfurt a. M.
1991 „Tango - 10 Jahre danach“, Frankfurt a. M.
1992 Galerie La Coupole, Neu-Isenburg
1993 „Landschaften“ Galerie Rainer Wehr, Stuttgart
1993 ART AID, Raiffeisenhalle Frankfurt a. M.
1994 „Stadtwerke“, Künstlerhaus Ostparkstraße
1995 K & K „Was uns verbindet“ István Laurer + Thomas Roth, Museum Schloß Ronneburg
1996 „Graphik der Gegenwart“, Rheinisches Landesmuseum Bonn
1997 Standort Ausstellungshalle e.V. Frankfurt a. M.
1998 Städtische Galerie Siofok - Ungarn
1999 „Flexibel“ Kassák Museum, Budapest - Ungarn
1999 „Flexibel“ Standort Ausstellungshalle e.V. Frankfurt a. M.
2000 Abbes Art Galerie, Bad Camberg (Herrmann, Laurer, Roth, Wild)
2007 Kunstfoyer, Frankfurt a M. – Liebe ist ein Missverständnis
2008 Kunstverein Bellevue-Saal, Wiesbaden – Die Grüne Wut
2010 DKD - Malerei
Publikationen / Auswahl
1980 Galerie Loehr, Frankfurt a. M. - Katalog
1981 „Cretans Men“ - Buch, Verlag Kretschmer & Großmann
1981 „Tango“ - Katalog
1982 „Lenin“ - Katalog
1985 XPO Galerie – Katalog, Hamburg
1986 Austellungs-Katalog Stadtgalerie Sindelfingen
1987 Zeitgenössische Kunst in der Deutschen Bank - Katalog
1987 „Bilder von István Laurer“ – Katalog
1987 NIKE – New Art in Europe Nr. 19
1989 Degussa - Katalog
1995 Sammlung im Hanauer Landgericht - Katalog
2006 Degussa - Katalog
Austellung Wiesbaden Kunstverein Bellevue Saal – Die Grünet Wut 2008
BRUDER
Ich konnte kaum laufen, dachte weder an Kunst noch an Journalismus, da hast Du schon zuversichtlich in irgendeinem Buch geblättert und erste Sehnsüchte gepflegt. Das war 1954. Zwanzig Jahre danach lernten wir uns kennen. Ich ließ eine Rede vom Stapel, die Übergroße Mappe unterm Arm. Du hast nichts verstanden - und Stühle gestapelt. Später sah ich solche Stühle auf Deiner Leinwand, kreuz und quer, im Format zwei mal zwei Meter. Ein starkes Stück. Das machte mir Mut. Ich sah in meine Mappe und merkte, wie meine klitzekleinen Stricheleien unruhig wurden. Sie reckten sich und verlangten mehr Fläche. Ich spendierte ein paar Bier und eine dicke Papierrolle. Dann zeigte ich Dir, was ich in der Tasche hatte: Knapp siebzig Mark müssen es wohl gewesen sein. Aber das, so kapierte ich rasch, hat Dich gar nicht interessiert. Nach einem weiteren Bier wurde mir klar, was Du wissen wolltest. »Entweder für oder gegen mich«, schrieb mir vor kurzem Jörg lmmendorff. Logisch, daß ich für Dich war. Skorpion-Power und Löwen-Loyalität. Gemeinsamer Weg, mag kommen, was will. Frankfurt - Hamburg, kein Problem, keine Entfernung. Grenzen können überschritten werden, Du weißt das. Die größte Distanz gibt's ohnehin nur im Kopf, in jenem schaurig-schönen Behälter, der im Zentrum Deiner Arbeit steht. Dort lagern die Träume, nämlich Häuser, Schiffe und der Schatten der Rose. Dort wuchern aber auch kantige geschwüre der Angst, teils massiv wie ein Balken, teils fragil wie die Gläser im Tannenbaum. Jedenfalls ist Behutsamkeit angesagt, wo Bedrohung so offensichtlich erscheint. Dir ist diese Notwendigkeit längßt bewußt. Das runde Bild wirkt wie eine Reaktion, wie die einzige Chance, um den Kopfstand zu verhindern. Freilich ist Baselitz in dieser Situation kein Thema; der rechte Winkel sowie das Oben und das Unten sind vorübergehend auf Eis gelegt. Der Kühlschrank läuft hochtourig, ganz dem eigenen Rhytmus verpflichtet. Wir stehen an der Kunst-Scheibe, dem Ruder für die Fahrt durch den Strudel der Gefühle. Zwei Strich backbord. Oder besser gleich vier? Lieber langsam. Andernfalls steht plötzlich wieder alles kopf- die Häuser, die Schiffe und der Schatten der Rose. Wirbeln die Träume, suchst Du Schutz hinterm Balken im Kopf. lch verstecke mich währenddessen hinter der Schere im Kopf. Eine große Differenz? Eine andere Welt? Nein, Du bist nicht allein. Komm, Löwe, wir gehen gemeinsam brüllen - oder Stühle stapeln.
Karlheinz Schmid
Häufig steht die Tür zu István Laurers Atelier weit offen und lädt zu einem blick in den großen Raum ein: ... Istvan ... Istvan! ... Komm’ herein! ... Drinnen: die Bilder die Zeichnungen ... hin und her laufen von Zeichnung zu Zeichnung zu Bild ... die Palmblätter sind abgefallen ... Taschen ausleeren ... manche Erinnerung verbindet sich mit den dichten klaren Farben ... Ansichten über Adler ... eine lange Reise in einen Raum mit Laokoon ... mit Hoffnung und ... etwas das nicht verbrennen kann Farbe Laokoon ... und: die Palmblätter morgens schon gepflückt ... ganz versöhnt mit sich und gar nicht unbeteiligt ... des Tags durch die Gärten der Filme streifen ... durch Nachrichten und die Höfe der Erinnerungen ... heute entdecke ich schon die Schneeglöckchen in deinem Atelier.
Horger Hermann, im August 2008
„Ich habe im Jahr 2008 zwei großformatige Bilder unter dem Titel „DIE POLITIKER“ Untertitel „VOGELPERSPEKTIVE“ gemalt, die ich zum Besten meiner Bilder zu ordne. „
„Ich wünschte, dass die zwei Bilder dort hängen, wo die Politiker ihre täglichen Arbeit absolwieren-verrichten. Die zwei Bilder sind nicht Harmlos, die haben ihre Kritisches einsatz gegen Politiker die das Volk aus „Vogelperspektive“ sehen, und die Politiker die kämpfen nur für Ihre Sessel-Macht-Privilägien-Diäten zu behalten“ Istvan Laurer 23.08.2009
„Jedes mal wenn ich an István
Laurers Bilder denke, dann fallen mir wieder zwei Dinge ein, die ich
besonders daran schätze: zum einen seine klaren, leuchtenden Farben und zum
anderen seine schlichte, ungekünstelte Form. Es ist schon eine Seltenheit, dass
sich ein Künstler in dieser Naivität seiner Mittel bedient und ohne
übertriebenen Anspruch die Dinge malt, wie er sie vor sich sieht. Aber so
unverstellt wie István unsere Welt wahrnimmt, so überträgt er sie eben in
Bilder. Die Prosa des Lebens hat er farbig gemalt.
Einfach wirkt daher die Stimmung. Denn ähnlich wie der kleine Prinz mit einem
gewissen Wohlwollen dem Leben gegenübersteht und sich an dessen Schönheit
erfreuen kann, hat sich der Künstler seine kindliche Offenheit bewahrt als jene
Gabe zu sehen, was anderen verborgen bleibt, Ursprünglichkeit, um daraus zu
schöpfen. Wenn er zwischendurch aber doch einmal der Leidenschaft verfällt,
Geschichten zu erzählen, so tut er das mit einem wissenden Lächeln.“
Miriam Wiesel
„Kunst in der DKD“
ISTVAN LAURER ist in Budapest geboren und kam 1974 nach Frankfurt, um am Städel zu studieren. Danach besuchte er für ein Jahr in New York die Filmklasse der Independent Art School. Er lebt seitdem in Frankfurt... Nicht nur als Ungar, sondern auch als Maler ist I.L. ein temperamentvoller Mensch, was sie an seinen Bildern ablesen können. Seine letzte Ausstellung im Bellevue-Saal in Wiesbaden in 2008 nannte er „Grüne Wut“, was wohl Weniger mit dem aktuellen „Wutbürger“ zu tun haben möchte - vielmehr überwuchern vegetative Ornamente die Bildkompositionen, so wie in seinem Frankfurter Atelier alles von allem überwuchert wird. Durch Akademieerfahrungen in Budapest war I.L. natürlich - wie alle aus dem Sozialistischen Realismus entlaufenen Künstler mit der Gegenständlichkeit und der Figuration vertraut. Nun im Westen trifft er auf die Pop Art und dieser Zusammenstoß hat bis heute Wirkung auf seine Malerei. L. wurde nie abstrakt, seine Bilder, die bei anderen Werkgruppen mit eincollagierten Fotos kombiniert sind, sind sehr erzählfreudig und die Geschichten sind nicht immer heiter. Der Künstler beobachtet die Welt und reagiert auf sie. Den diparaten Ereignissen entspricht seine Farbwahl, die klare Grundfarben bevorzugt, das Aufeinanderstossen auch gegensätzlicher Klänge, die nicht unbedingt Harmonie zum Ziel haben. Die an den Comics geschulten Bilder der Pop Art mit ihren eindeutigen Flächen ohne malerische Verlaufe hat L.für sich aufgenommen. Die Gegenstände, die das Bild bevölkern, sind linear umfasst, eine Bildtiefe, die Illusion des Räumlichen also, wird vermieden.
Beispielhaft hierfür die beiden großen Bilder ,Klavier I und II die auch, in der einladung abgedruckt sind. Hier kommt nun ein weiterer kunstgeschichtlicher Rückgriff des Künstlers hinzu: der Surrealismus. Was hat ein in einen Glaskasten gepferchtes Nashorn auf einem Klavier zu suchen? Oder eine Baumallee, die, aus einer Art Architektur entwachsen, über die Tastaturen des Klaviers zu wandern scheint, den Rapport der weißen und schwarzen Tasten aufnehmend? Das Absurde, das an der Psychoanalyse Freuds orientierte Thematisieren des „Unbewussten“ faszinieren und verstören uns noch heute in den Bildern von Dali, Max Ernst und Magritte. Es ist der Traum, in dem unser Ich seine uns verborgenen Seiten entfaltet und dem Künstler ist es aufgetragen, malend zu träumen, wach zu sein ohne Bewusstsein und etwas abzuschöpfen von den kollektiven Bildern, die auf der Flut der Gedanken durch unsere Seele treiben.
Nehmen wir die harmlos betitelten Bilder „Landschaft“, von denen es in dieser Ausstellung Sechs gibt: ln überraschend zarten Violettönen gibt es Fragmente von Landschaft: Berge und Himmel zumeist, durch die ein Flugzeug fliegt, einen Kondensstreifen hinter sich lassend. Fliegen ist ohnehin eine Metapher für Träumen und wer würde nicht die Weite erimiern, die einem beim Blick aus dem Fenster des Jets sprachlos und klein macht. Es ist aber nicht die Welt der Billigflug-Werbung, in der fröhliche Menschen ihr „nix-wie-weg“ lallen.
Die Bilder sind Mitte der Neunziger Jahre entstanden, auch da gab es Flugzeugabstürze und das Bild „Mayday“ rechts am Ausgang spricht deutlich davon.
In unser kollektives Gedächtnis ist allerdings ein Bild tief eingeschrieben„ - das der Flugzeuge, die in die Twin Towers rasen. Der Maler wusste noch nichts davon, als die Bilder entstanden und seine „Absichten“ mögen andere gewesen sein, wir aber müssen nun – mit diesen Bildern - damit fertig werden.
Die heitere, sinnliche Seite des I.L. ist aber hier auch vertreten: Zunächst das große „Frei nach Raffaello“ im oberen Umgang. Eine stark farbveränderte Übernahme einer Renaissance-Madonna mit Kind wirkt mit ihren weniger starken Farbsprüngen wie ein Gobelin, prächtig, würdevoll auf jeden Fall eine Hommage an den großen Meister der Hochrenaissance aus Florenz.
Links daneben “Das Haus und das Boot“. I. erzählte mir, dass jahrelang an seinem Bett ein Skizzenblock lag, in den er morgens die Träume der Nacht skizzierte. Therapiegeübte Menschen schreiben, wir sehen da Wahlverwandschaften. Das Haus ist der Schutz, der feste Ort, unser Fluchtpunkt. Das Boot ist die Reise, das Unterwegssein, das Fernweh auch. In anderen Kulturen ist das Haus ein fragiler,vorübergehender Aufenthalt und das Boot oder ein anderes Gefährt ist der Gegenstand, der die Existenz im Wortsinne voranbringt.
Hier unten am seitlichen Ausgang hängt ein etwas kleineres Bild, das der Maler als sein „Lieblingsbild“ bezeichnet und das auch zu meinen Favoriten gehört: „Spiel Bach...“
Man muss es zärtlich aussprechen, wie wenn man hinter die am Klavier sitzende Frau herantritt, ihr übers Haar streicht und sie leise bittet: „Spiel Bach...für mich“ Die schwarzen Flügel der Melodie schlagen und die Töne perlen aus dieser vollendetsten aller Bildformen, dem Kreis oder wie der kunstgeschichtliche Fachbegriff lautet: dem Tondo.
Womit ich endlich bei dem wesentlichen „Markenzeichen“ der Malerei von I.L. angekommen bin: dem Rundbild oder Tondo. Aus dem italienischen eigentlich „runde Scheibe“ ist es seit der Antike als Medaillon, Münzbild und auf Schaleninnenbildern der griechischen Vasenmalerei bekannt, die erstmals die Rundfläche als besondere Gestaltungsaufgabe auffasste. Als Ziermotiv taucht es in der Malerei und Plastik des Mittelalters wieder auf und erfährt in der florentinischen Renaissance - eben bei Raffael und Botticelli – einen Höhepunkt.
Wenn nun ein Künstler der Moderne diese ungewöhnliche Bıldform aufnimmt, so weiß er um die Irritation des Zitats, seine ursprüngliche Bindung an kultische und religiöse Motive. Der von L. als künstlerische Haltung favorisierte Symbolismus - eine Stilrichtung des späten 19. Jahrhunderts in Literatur und Bildender Kunst - hatte die Betonung des geistigen Gehalts, die „tiefere Bedeutung“ zum Ziel und das Symbol zum zentralen Ausdrucksmittel erhoben. Die vollendete Form - der Kreis - fasst ein Bildmotiv grundsätzlich anders als jedes andere Format. Die Dynamik des Hochformats, die Ruhe des Querformats - besonders bei der Landschaft, aber auch die intellektuelle Klarheit des Quadrats, bieten andere Möglichkeiten der Bildaufteilung. Der Tondo setzt sich absolut und selbst in seiner Negation bleibt er als Widerspruch zum Bildmotiv. Diesen Reibungswiderstand macht sich l.L. produktiv zunutze und sichert so seinen Bildern optimale Aufmerksamkeit.
Es zeigt sich so, dass das womöglich triviale Bildmotiv nicht etwa den pathetischen Rahmen banalisiert, sondern dass das Gegenteil eintritt: Die Symbolkraft der Form erhebt die Bildidee zur „Botschaft“. Die Wechselwirkung zwischen Form und Inhalt in der Kunst lässt sich am Werk von LL. wunderbar beobachten - nämlich an unserer eigenen Reaktionsbildung.
Die Bilder fordern zur Stellungnahme heraus: Zuneigung und Ablehnung, beides in möglich heftiger Ausformung. Schöner kanns nicht kommen, die Arbeiten lassen uns nicht kalt. Und was kann Menschen in einer Klinik Besseres passieren, als dass sie sich anhand von Kunst spüren - als lebendige, emotionale, fühlende Wesen. Erfühlen Sie sich also in der DKD und nehmen Sie die Lebensfreude und Energie auf, die dieser Maler uns`schenkt.
Bernd Brach
„Ich glaube, ich mache Bilder nur für mich selbst”
István Laurer
SELBSTBILDNISSE
Die Selbstbildnisse lstván Laurers sagen aus, dass die Welt nur im Bewusstsein existiert, Materie nicht Welt ist und dass die Welt nicht aus der Leidenschaft und Erregung neu zu schöpfen ist.
„Ich glaube, ich mache Bilder nur für mich selbst. Jedes Bild ist eine Art Liebesbrief."
In den Werken entwickelt sich das Zusammenspiel von Formen und Farben zu einem Spannungsfeld zwischen dreidimensionalen realistischen und zweidimensionalen dekorativen Elementen.
lstván Laurer besitzt Humor, so schreibt er seinen Namen und die Bildtitel immer in Druckbuchstaben in die Bilder mit hinein, deutlich lesbar, quasi als Markenzeichen,denn er sieht seine Bilder in dieser Zeit,als viele Künstler in die Werbebranche abwanderten oder parallel für sie arbeiteten, wie Markenprodukte.
Dr. Eva Atlan
SOHN ALLER MÜTTER
„Spion 08/15“, „Mendelssohn und meine Söhne“,
so ähnich lauten die auf den Künstler selbst bezogenen Titel. Gemeinsam mit der
Darstellung sind sie Aussagen zur subjektiven Befindlichkeit, auch zu den
Neigungen und Lebenserfahrungen des Malers. „Der Faun“, ein bild im beträchtlichen
Ausmaß von nahezu anderthalb zu zwei Metern,
entspricht mit seinem Vokabular wohl am reinsten der jetzigen
gegenstandsgebundenen Metaphorik von István Laurer: in lichtern klaren
Frülingsfarben und sparsamer Linienführung wirkt es als Paraphrase und
gleicherweise auch als Hommage zu Igor Strawinkys Ballett ”Le sacre du
printemps”, das bei seiner Erstaufführung in Paris vor siebzig Jahren die
heftigsten Skandale auslöste. Ähniche Proteste freilich
sind heute nicht zu erwarten, so provokant vielleicht der junge Ungar mit
einigen Selbstdartellungen und seiner an Egon Schieles erotischer Nervosität orientiere Liniensprache wirken möchte.
BALKEN IM KOPF
DER BILDIHHALT ALS KOPFIHHALT
Wie Istvan Laurer
unverwechselbar wurde und anderes mehr. Man hat ihn einen Ungarn genannt, der
in Frankfurt lebt und von Italien träumt. Ebensogut könnte man ihn als
Pop-Artisten der 80er Jahre beschreiben, hervorgehangen aus einer illegitimen
Paarung von Konstruktivismus und metaphysischer Malerei, selber ehelich an das
Pattern Painting gebunden und insgeheim längst mit einem neuen Symbolismus
liebäugelnd.
Wer nun einen
unverdaulichen Wirrwarr der Stile fürchtet, irrt: Istvan Laurer sitzt sehr gut
am Fuße seines Kunst-genealogischen Stammbaums, aus dessen Geäst ihm Ahnväter
wie Leger und Lichtenstein, Hosoda Eishi und Kumi Sugai zuzwinkern. Wohlwollend
zweifelsohne, weil er familiäre Züge pflegt, ohne ihnen platterdings gleich aus
dem Gesicht geschnitten zu sein. Indem nämlich, was bei ihm von außen angelernt
ist, immer erst durchs Getriebe des eigenen Kopfs gewälzt wird, bleibt Istvan
Laurer unangefochten er selbst, bleiben seine Bilder unverwechselbar
Der Kopf ist hier
nicht nur sprachliche Metapher. Vor ein paar Jahren noch war er in kräftig
gezogener Kontur auf jeder Leinwand präsent, sein Inneres sichtbar gefüllt mit Bedrohungen,
Bessenheiten, Wünschen. Architekturteile wie überdimensionale Bauklötze,
Himmelsausschnitte, formelhaft Geometrisches gleich neben vieldeutigen Zeichen
wie Gondel und Zypresse, Rose und Uhr. Der Bildinhalt als Kopfinhalt und
umgekehrt, jede Komponente greifbar und klar vor der Nase des Betrachters und
doch nicht zum Hineingreifen – denn Laurers Bilder sind aus Flächen von reinen,
satten Farben gebaut: Zitro-nengelb, Karminrot, Kobaltblau, dazu Schwarz und
Weiß
Auf die
Modellierung und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten von lllusionismus verzichtet
er, wären sie doch der beinah comixhaften Signalwirkung seiner Bildfiguren abträglich.
Sie haben sich im Laufe der Zeit erweitert, erweitert übrigens im selben Maße
wie Laurers geographíscher und historischer, nicht zuletzt kunsthistorischer
Horizont. So fügt er heute die blassen Geishas des alten japanischen
Holzschnitte in Gründe strahlenden Kolorits, so zitiert er Arp'sche und
Magritte'sche Details in ureigenem Zusammenhang.
Gleichzeitig nahm
sich die Kopf~Kontur zurück, bis nur noch ein Schädel-Schwung, eine Kinn-Kante
übrig war, um das malerische Vokabular zu verklammern. An ihre Stelle trat ein
unvermutet äuâerlicher Ordnungsfaktor: seit Mitte der ôoer Jahre zieht Istvân
Laurer dem herkömmlichen Tafelformat den Tondo vor, kreisförmig wie das
natürliche Aufnahmefeld des Auges! Der Tondo ~ wie so viele Merkmale innerhalb
der abendländischen Malerei ein Phänomen, das auf die florentinische
Renaissance zurückgeht. Natürlich kennen wir alle das Land, wo lstván Laurers
Zitronengelb blüht.
Und wenn man an die Nazarener als Vorgänger des Wahlfrankfurters denkt, steht er mit seiner Italien-Sehnsucht in bester geistiger Tradition. Die Wahl des ungewöhnlichen Bildformats aber hat bei ihm tiefere Gründe als lediglich den einer Reminiszenz an Raffael. Wie keine andere Figur steht der Kreis für Einheit, Ganzheit, Perfektion; erinnern wir uns, wie die "Mandala" genannten Meditationsgemälde, als Typ im Abend- und im morgenland gleichermaßen verbreitet, die kosmische Wahrheit vergegenwärtigen!
Auf Wahrheitssuche befand sich Laurer vor 1984/85 sowohl was die Bildgestalt als auch was das Bild-vokabular anbelangt. Wer die dramatischere Version bevorzugt, darf dies lesen als: er durchlebte die Krise, die keinem Künstler erspart bleibt.
Seine Lösung des Problems mit dem Tafelbild
war nicht, es auf den Kopf zu stellen, ihm den Bauch aufzuschlitzen oder ihm
einen Bart wachsen zu lassen - sie gab sich vielmehr einfach und endlos und
rund. Der Vollmond des Tondos erwies sich als die Sehnsucht, die über Jahre in seinem
eckigen Schädel gereift war.
Bine Sehnsucht von Format, breit genug, den
Dialog seiner Formen und Farben zu fassen (oft ebenso eigenwillig wie Laurer
selbst), den ligurischen Küsten-Kutter und die südhessischen Hochhaus-Gehege,
seine purpurne Sinnlichkeit und seine pechschwarze Melancholie, die mit dem
Pinsel plattgewalzten Palmen und die zerknirschten Sternchen aus dem überrealen
Süden, sein trunken machender Cocktail von Intro- und Extroversion, nicht
zuletzt seinen ungarischen Dekorativismus, der ohne seine westdeutschen
Störungen und Brüche weder bild- noch kopffähig wäre.
.. Hat Istvafn Laurer mit dem Tondo ein für allemal die Wahrheit entdeckt? Wer das behauptete, der täte ihm keinen Gefallen, der sähe ein Symbol als die Sache selbst an, schlimmer noch: der schriebe ihn fest. Im Wesen des Runden aber liegt es, den ihm bestimmten Weg zuende zu rollen.
Roland Held
Ein Karussell unbändiger Phantasie
Groß sind die Bilder von lstván Laurer und kleinteilig ist ihr lmıenleben. Die Bildformdn sind ungewöhnlich. Kreisrund sind sie oder vieleckig wie ein Riesenpuzzle. Die Bilder von Laurer' sind ein Symbol für ein Gehäuse, in dem Figuren und Zeichen sich wild tummeln.
Da steht einiges kopf. Anderes wirbelt herum oderbricht auseinander. Die Phantasie imtKopf von Laurer ist nicht archivalisch geordnet. Es macht Spaß, seinen Träumen mit den Augen zu folgen. Da lockem sich einige vennauerte Vorstellungen. 7 Die Bilderschau wird ergänzt durch Zeiclmungen uncl Aquarelle. Auf den meist kleinen Blättern erkennt man, wie Laurer mit raschen zeichnenden Linien und hellklingenden Farben seinen phantastischen Gedanken nachláiuft, _um sie festzuhalten. Es ist wie beieinem immerwährend sich drehenden Karussell. Ebensolche op-tischen Augenblicke hält Laurer fest.
Elisabeth Krimmel
„
ICH BRECHE EINE APFELSINE AUF, WÄHREND FROST MIR AUF DIE FINGERNÄGEL FÄLLT; ICH KOSTE FRISCHEN REIS, WÄHREND ES SCHNEIT.
TU FU 712 v. Chr.
Peinlichkeif und Wahrheif liegen bei ihm dicht beieinander, er geht mit beidem um. lstván scheut sich ebensowenig, von seinen Träumen zu sprechen. Sie sind ihm wichtig als ein intimer, jedenfalls sehr persönlicher Ausdruck. Sein Paradies ist der Süden.
Das Haus zwischen Pinien, jenes Boot am Strand von San Remo
gelten ihm, so trivial es auch klingt, als Inbegriff von Glück und
Vollkommenheit.
Die Aufenthalte dort – seine »italienische Reise« - haben das Frankfurter Leben relativiert; mediterrane Einflüsse speisen neuerdings die Bilder und geben ihnen eine ungekannte Fülle
Früher, vor ein paar Jahren noch, war sein Spektrum ganz
karg, ich-bezogen. lmmerlauchlen darin Selbstportraits auf, fasf wie ein
Spiegel. Und selbst als sie auf die reine Silhouete beschränkt
wurden, haben sie eine ganze Werkphase überschattet.
Die Hülle seines Kopfes blieb das Auffangbecken seiner
Gedanken wie die Grenze seiner inneren Welt. Erst langsam hat sich diese
gelockert, ist aufgebrochen und somit durchlössig geworden. Neue Elemente
konnten Einzug finden, seine Palette hatsich erweitert. Immer noch aber
regieren wenige Formen das Feld.
Und auch heute blickt man wieder ab und zu in die großen,
offenen Augen des Künstlers, der sich selbst prüft. Sicherlich ein
Lcıurer' sches Phönomen sind die rundformatigen Bilder. ln ihnen
erfülltsich, was sich in vielen Portraits angekündigt hatte: die sehr
persönliche Sicht des Künstlers, der rechteckige Bilder als Willkür verdammt,
findet ihre Entsprechung.
So sehr lstvóın sie aber als Analogie seiner Wahrnehmung
empfindet, sieht er sie doch auch als Herausforderung an. Ein Bildtröger, der
zum Obiekthcıften neigt, will künstlerisch bezwungen werden, um eine freie
Existenz zu führen.
lstvón der sich schon früh an diesem Format versuchte, hat sein Tondi entsprechend gemeistert. Trotz ihrer 2-Dimensionalitöt wirken sie also nicht plokativ oder schildhaft. - Tiefe aber wird bei ihm nicht illusionistisch erzeugt, sondern entsteht rein in Gedanken.
lstvón lödt seine Bilder damit auf und setzt auch das
sprachliche Potential dazu ein. Er schreibt Worte hinzu, zitiert Verse - schon
dadurch werden die Flächen grafisch aufgerauht -, die Kombination von Wort und
Bild aber greift noch tiefer und schafft eine neue erweiterte Dimension.
Eng verwandt fühlt sich lstvóın einem chinesischen
Dichter, der in Verse gebracht hat, was er in seinen Bildern malt. ln
rötselhafter Manier orrespondie ren hier Malerei und Poetik.
Tu Fu, der vor mehr als 1200 Jahren gelebt hat, verfügt über die selbe Gleichmut wie lstvón, bei aller lnbrunst Weisheit beinah. Tu Fu erzöhlt uns von Querflöte spielenden Mädchen, bei deren Klang ihn Wehmut erfaßt - lstvón, der ähnliche Trauer kennt, bekämpft seine Angst vor der Leere mit Bildern, die von Unschuld gezeugt sind.
Miriam Wiesel
Weiterhin: Kopfgeburfen
lstvón Laurer isf Ungar, lebt in Frankfurf und tröumt von ltalien. Seif Jahren zeigt er uns die Welt, in der er lebt - die in seinem Kopf. Darin gehf es bunfzu und manchmal lauf, und damifwir sehen, daß es sich um eine Kopfwelf handelf, ist der Spielraum durch Laurers kröflige Schödel-form deuflich umrissen. Es sind plakalive Phanfasien, gespeist aus Erinne-rungen und Sehnsucht Laurer enflößf sie auf die Leinwand, wie sie ihm einfallen: Palmen sehen wir und Zypressen, südliche Höıuser und Kirchen, eine Gondel schwebt vorbei - Wunschfragmenfe, Symbolkürzel, die sich wechselweise miteinander kombinieren lassen. Mif seinen Einföllen isf Laurer großzügig, er gibt ihnen viel Platz, auch wo sie eher schmal bleiben, gibt ihnen kröffige Farben, auch wo sie uns blaß scheinen. Das zeugf, alles in allem von einer herrlichen Unbekümmerfheif im Verhülfnis zu sich selbsf und den eigenen Hervorbringungen - Laurer gibt es nur ganz und ungefilferf. Er öffnet mit ebenso narzißfischer wie naiver Aufrichfigkeif seine Welt, darin liegf auch sein Charme. Aber im Gedöıchfnis sollten uns nicht die flüchtigen Bilder bleiben, sondern sfarke Arbeifen - clie ››Ligurische Nachf« eben, einige seiner iüngsfen Aquarelle, einige seiner Tondi, Rundbilder, in denen sich sein Talent für die clekorafiven Werfe der Flöchengliederung und für asymmefrische, japanisch inspirierfe Komposifionen aussprichf.
Sehr hübsch unter diesen ein Akt (in des Worlesinnerster Bedeufung), der die Holzschnittmeister Nippons wifzig Übersetzt. Überhaupf verfügf Laurer über die ansonsfen ia nicht eben höufig an- zufreffende Gabe des Wifzes, und am ehesfen öıußerf sie sich dorf, wo er seine malerischen Miflel konzenfrierf und disziplinierf (und mitunter auch in seinen Bildtiteln, die er uns immer mif hinein- schreibf, wie auch, deuflich und in Druckbuchsfa-ben, seinen Namen, wie ein Markenzeichen). All diese Szenen, die wir sehen, spielfen zwar im Kopf des Malers, bevor sie auf die Leinwand trafen, aber sie kommen in ersfer Linie dennoch eher von dorf, wo die Empfindungen und empfindsamkeifen zu Hause sind. Davon werden uns Signale mifgefeilf. Den nachhalfigsfen Eindruck hinferließ in einer seiner letzten Ausstellungen jenes Bild, das dem ganzen Unfernehmen den Tifel gab, ››Vista del Sud« - noch einmal die Elemenfe der Laurer'schen Sehn-suchfs-Heimaf lfalien, noch einmal Palmen und Treppen, Häuser, Kirchfurm, Balkongiffer, aber formal und farblich außerordenflich reich differenzierf, von heiferer Sfimmung, und sfimmig gefügiı was in einer Landschaff war und in einem hellen Miffag und durch die Erinnerung ging in ein Bild.
Manfred Schuchmann
lstván Laurer hat eine
ausgesprochene Begabung für die dekorative Gestallung von Bildflächen und einen
stark enfwickelten Farbensinn, der sich auch bei dem hier beschriebenen Bild
überzeugend entfalltet.
Dabei geht es dem Künstler jedoch nicht ausschließlich
um die dekorative Form, sondern auch um inhaltliche Aussagen mit Hilfe der
Überlagerung von abstrakten Zeichen und Gegenstandsdarstellung
Die zunehmende Rotfärbung, etwa des Sonnenlichles,
und die Violettfärbung der Schatten bei sich neigendem Tag klingen in den entsprechenden
geometrischen oder abstrakten Farbflächen an.
Die Farbe entfaltet also nicht nur ihre dekorative Wirkung, sondern löst sinnlich wahrnehmbare, durch Erfahrung und Erleben verstärkte Anschaungsimpulse aus.
Ebenso verwendet lsfván Laurer die ornamentalen Wirkungen der Linie. Das Spiel der Beziehungen zwischen Kopf- und Boofsumrissen und Sternenhimmel wird einerseits zum dekorativen Muster, enthält aber auch narrativ-reale Elemente.
Farbige, lineare und gegenständliche Relationen überlagern einander. Es entsteht ein ständiges lneinander - Umschlagen und Einander - Ausschließen von dekorativen und gegenständlich inhaltlichen Formen.
Dies wird noch ergänzt durch die kompositorische
Verwendung von Schrift.. Diese Schriftzeichen sind vielmehr, über ihren semantischen
Gehalt hinaus, integriertes dekoratives Bildelement.
Es ist eine Kraft, die so gelungen ausponderiert wirkt, daß der Betrachter sich an die heitere Harmonie mittelmeerischer Sommernächte erinnert fühlt.
Ingrid Mössinger
Weil er sich Mitte der 60er Jahre für die Pop Art begeisterte, mußte der Ungar lstvón Laurer die Budapesfer Akademie und die Sfadt, in der er 1948 geboren wurde, verlassen. 1973 kam er mit einem Touristenvisum nach Deutschland, zuerst nach Mainz, dann nach Frankfurt 1974 immatrikulierte er sich an der Frankfurfer Städelschule, Johannes Schreiter wurde sein Lehrer. lstván Laurer empfindet sich als Maler »im Niemandsland zwischen Absfraktion und Gegenständlichkeit«. Er ist sein eigener Regisseur. »Jedes Bild«, sagt er, ››ist eine Drehbuchgeschichte.« lstván Laurer sucht nach neuen oder, sagen wir besser, eigenen Symbolen - z. B. nach der Erforschung des Ich: Drei Jahre lang beschäffigte ihn die Thematik des Selbstbildnisses. Die eckige Kontur seiner eigenen Kopfform, ein Emblem, eine neue Spielart des Konstruktivismus dienten als ››Gefäß« für mancherlei signalhaffe Botschaften. Die Welt, das haben die Konstruktivisten gesagt, existiert nur im Bewußtsein. Materie ist nicht die Welt. Laurers Selbstbildnisse umkreisen diese Behauptung. Laurer glaubt und mißtraut der Möglichkeit, die Welt aus der Leidenschaft und Erregung des Malers neu zu schöpfen. Er sagt: ››lch bin der Meinung, daß der Künstler kein Weltveränderer ist.« Und er sagt: »Mein Traum ist, daß ich verändern könnte.« Nach dieser Zeit der Besinnung auf das eigene lch, auf das Geschlecht, auf die androgynen Verführungen, deren Ergebnisse man in einer ersten großen Einzelaussfellung 1983 in der Galerie Loehr (Frankfurt, Niederursel) sehen konnte, unternahm lstvan Laurer den Versuch, von der Beschreibung des Individuums zur Beschreibung der Gesellschaft überzugehen. Er fühlt sich als ein Maler der Geschichle, als ein Maler, der Themen früherer Epochen (beispielsweise in der Gestalt des Predigers Savonarola) aufgreift und Analogien zur Jetztzeit herzustellen versucht. ››lch bin ein Mensch, der über alles reden kann, so möchle ich auch malen.<< Laurer schützt Henri Matisse (››viel Phantasie«), Urs Lüthi (››ist besser als ich«) und die Schweizer Malerin Claudia Schifferle. Die Rundbilder, die 1985/86 enlslanden, zeigen, daß Laurer experimentiert. Experimentiert mit der (runden) Fläche, mit der Möglichkeit des ››intimen« Bildes: ››Ich glaube, ich mache Bilder nur für mich selbst. Jedes Bild ist eine Art Liebesbrief.« Satze, in eckiger Schrift geschrieben, sind in diese Kreis- bilder eingemall. Das Gesehene, Erlebte wird mittels der Farbe in futuristischer Manier zum Ausdruck von Geschwindigkeit und Emotion. ln die Kopfumrißzeichnungen der frühen 80er Jahre hat lslván Laurer die Gedanken eingebaut, die er jetzt auf die Leinwand entläßt. »Lieber langsam sehen und denken als schnell und normal«, heißt einer von Laurers Wahlsprüchen. Er ist kein spontaner Maler. Seine Bildwellen entstehen nach einem festen Programm. Nach den Kopfbildern hat er in den Rundbildern die Außenwelt gesucht, die Landschaft, die Historie, die Liebe.
Verena Aufermann
Wie sich alltägliche und auch
traditionsbeladene Gegenstände dennoch so kombinieren lassen, daß eine noch
unverbrauchte Symbolik entsteht, seweissen die Bilder des 1948 in Budapest geborenen
Istvan Laurer.
Eingefaßt in eine schwarze Umrißlinie
verbinden sich abstrakte und gegenständliche Formen, wie Mosaiksteine,
im so die verschiedenen Facetten vin begriffen wie „Mathematik” oder „Miss
World” einzufangen.
Dadurch, daß die umgrenzende Linie dem Umriß
eines Kopfes ähnelt und sich aus frühreren Selbstportraits entwickelt zu
haben scheint, erhalten die Werke eine zusätzliche
Dimension.
Der künstlerische Schaffensprozeß delber wird thematisiert,
indem die Idee des Künstlers buchstäblich als etwas dem
Kopf Entrsprungenes erscheint.
In dieres Mehrdeutlichkeit kann Laurer es sich leisten, mit einem Bild wie „Pittura Metafisica” aud De Chirico zurückzugreifen. Er Liefert eine eigene Interpretation des kunstgeschichtlichen Stoffes.
Beatrice
v. Bismark
KOPFBILDER UND KOPFGEBURTEN
István Laurer bringt auf die Leinwand, was er im Kopf hat. Im wahrsten Sinne ders Wortes: Kopfbilder, Kopfgeburten. Auf fast allen Formaten begegnet man dem kantigen Schädel des Ungran mitgesamt Inhalt, der auch schon mal ein Gedankenfetze sein darf. Laurer will es dem Betrachter so eifach wie möglich machen: Er bietet ihm unkomplizierte Bildmetaphern an, „weil” so sagt er, „die Probleme damit nicht verschleiert, sondern möglichst einfach sichtbar gemacht werden”. Die kantige Schädel-Kontur ist so immer einigende Klammer der Bildinhalte und gleichzeitig wichtige Komponente der Bildkomposition. Dem Künstler geht somit „immer etwas durch den Kopf. Zum Thema „Silvester” – so eine Bildtitel – ein Kahn mir Kurs in Richtung Unbekannt umflirrt von sprühenden Sternchen. Lautloses Zeichen mit starken Farben, dessen Inhalt eine klare Sprache spricht. Selbstbewußt setzt sich ein Künstler in Position und breitet seine Gedanken - die dürfen auch schon mal skeptischer oder ängstlicher Natur sein- sorgfälltig und detailliert auf den Leinwänden aus. Ein Versuch, die Gedanken des Istvan Laurer zu interpretiere, zu lesen, lohnt. Laurer will den Besucher nicht nur neugierig machen, sondern hat ihm auch etwas mitzuteilen. Intimste Botschaften – und die mögchlichst unverblümt.
„Ich bin ein mensch, der über alles reden kann, so möchte ich auch malen”
Istvan Laurer
››lch bin der Meinung, daß der Künstler kein Weltveränderer ist.
Mein Traum ist, daß ich verändern könnte.«
István Laurer
Vollblutkünstler
István Laurer ist tot und hinterlässt ein vielfältiges Werk
Es war still geworden um Istvän Laurer in den vergangenen Jahren. Al sei er vergessen worden von Museen, Galerien und den Kustbetrieb. Dabei hatter der 1948 in Budapest geborene Künstler, der als juner Mann mit einem Touristenvisum nach Frankfurt kam, um an der Städelschule zu studieren, sich als Maler rasch über die Grenzen der Stadt hunaus einen Namen gemacht. Von der legendären Galeristin Dorothea Loehr sein ein Vollblutkünstler, und wer ihn kannte, wer auch nur einmal im Atelier der Schülers von Johannes Schreiter and der Ostparkstraße gewesen ist, der konnte dem in Anbetrach der Fülle seiner Ausdruckmöglichkeit nur zustimmen. Laurer, in den achtziger Jahren maßgeblich an den and der Austellungsinitiativen „Tango Frankfurt” und „Lenin Frankfurt” beteiligt, machte es so manchern Veranstalter aber auch nicht ganz leicht, und was als Künstler für Kompromisse nicht zu haben. „Ich glaube”, hat er einamal gesagt, „ich mache Bilder nur für mich selbst.” Angesichts eines (Euvres, das neben dem auch qualitativ beachtlichen grafischen Werk konstruktiv inspirierte Bilder, die Tondo der verganenen Jahre, Poppiges und raumgreifende skulpturale Arbeiten umfasst, glaubte man ihm das sofort. Und doch ließen sich der Stolz und die schiere Freuede nicht übersehen bei der Eröffnung seiner Austellung im Hostpital zum Heiligen geist, wo Laurer vor Jahresfrist das ganze Treppenhaus bespielte und wo noch heute mehr als ein Dutzend kleinformatiger Papierarbeiten hängen. Es sollte seine letzte Austellung werden. Schon damals schwer krank, ist István Laurer, wie erst bekannt wurde, am vergangenen Dienstag in einem Frankfurter Krankenhaus gestorben. Er wurde 65 Jahre alt. Kulturdezernent Felix Semmelroth (CDU) würdigte den Künstler als „äußerst kreative Persönlichkeit”. Laurer habe die Kunstszene Frankfurts bereichert.
Verena Auffermann, Ingrid Mössinger, Dr Eva Athlan
Verzeichnis der Abbildungen
Seite
9 Die Politiker – Vogelperspektive II
10 Die Politiker – Vogelperspektive I
11 3 arbeiten, Grüne Wut, 2006
12 2 arbeiten, Grüne Wut, 2007
13 Grüne Wut – Teil 1, 2007
14 Grünet Wut – Teil 2, 2007
15 Laokon, 2003
16 Laokon, 2003 – 4 arbeitsprozesse
17 Kunst in der DKD - Die Flexibilität einer Landschaft, 1987
18 Klavier I
19 Klavier II, Klavier III
20 Landschaft I
21 Landschaft II-III-IV
22 Mayday
23 Frei nach Rafaello, 1992
24 Das Haus und das Boot, 1998
25 Spiel Bach, Meine Liebste, 1987
26 Colbrasso, 1998
27 O.T., 1993
28 Venus, 1991
29 Total Verkehrte Lern Prozesse, 1989
30 Atelie in der Oßtparkstraße
31 Flexion, 1983
32 Die Alte Tante, 1983
33-40 Selbsbildnisse, 1982-1983
41 Sohn aller Mütter, 1983
42 3x, Spion, 007, Mendelssohn und meine Söhne, Der Rote Baron, Stilleben, 1983
43 Balken im Kopf, 1983
44 O.T., 1983
45 O.T., 1983
46 Der Konsul, 1983-1984
47 Der Hafen von San Remo, 1984
48 Frei nach Hosoda Eishi, 1984
49 O.T., 1986
50 Das Haus, 1983
51 Pittura Metafisica, 1984
52 Doppeldecker über dem Gelben Fluss, 1983
53 Ultimatum, 1983
54 Durst, 1984
55 Einmal giebst ein eine, teil I, 1984
56 Einmal gibts ein ende, teil II, 1984
57 Verwandtschaftsstudien, 1987
58 Gutta Cavat Lapidem Non Vi Sed Saepe Cadendo, 1984
59 Das Morgengrau, 1983
60 Syphilis, 1984
62 O.T., 1985
63 O.T., 1985
64 O.T., 1985
65 Porto Maurizio, 1998
66 Thomas und István
67 Hummer essen hier alle, 1986-1987
68 ...Herbst ist die Zeit für die Wüstenkriege, 1990
69 Vista del Sud, 1988
70 Enthusiasmus, 1988
71 Lieber langsam sehen und denken, als schell und normal, 1985
72 Fehlkonstruktion, 1985
73 Zusammenarbeit mit Rafaello, 1999
74 Es waren Leute die ich kannte, 1988
75 China, 1987
76 Die Nachtwache I-II, 1987
78 Vista del Nord, 1985
79 O.T., 1998
80 Die Abiturenten, 1991
81 Die Abiturenten II, 1991
82 Die Abiturenten III, 1991
83 O.T.
84 St.Sebastian
85 O.T., 1998
86 Der Verlust der Lust, 1992
88 Das wort Gott will ich nicht mehr hören I-II, 1990
89 Der Rote Baron III, 1991
90 Der Rote Baron II, 1991
91 Koalitionsverenbarung, 1987
92 O.T., 1993
93 Das Spiel, 1990
94 O.T. 1993
95 O.T., 1993
96 O.T., 1993
97 Kompass
98 Mio Papa, 1993
99 O.T., 1993
100 O.T.
101 Frankfurt, 1986-1987
102 Weg von hier, 1998
103 O.T., 1992
104 Geburt, 1992
105 Putzfrau, 1992
106 Hokus-Po, 1992
107 O.T., 1992
108 Bettlerin, 1993
109 O.T.
110 O.T.
111 You didn’t realise where you come from,and you don’t know where you are going either, 1998
112 Made in Germany, 1997
113 O.T., 1996
114 Bosnien, 1996
115 4 arbeiten, Bosnien, 1996
116 Sylvester, 1983
117 La Citta,1984
...zu schön um wahr zu sein, 1983
118 Zwei Hunde mit offenem Mund, 1984,
Liebe mama mach dir keine gedanken übers fliegen, 1986
119 China, 1989
120 O.T., 1989
121 Danae
122 Wiedererinnerung an Vergessenes, 1989
122 Was die einen amüsiert, geht den anderen auf die Nerven, 1987
123 2 arbeiten, O.T., 1989,
124 3 arbeiten, 1989
125 O.T., 1987
126 Friedhof
127 4 arbeiten, O.T.
128 3 arbeiten, O.T.
129 4 arbeiten, O.T.
130 4 arbeiten, O.T.
131 Sultan
132 O.T.
133 New York, 1980
134 O.T, 1977
135 O.T, 1978
136 O.T, 1977
137 3 arbeiten, Oktopuszi – 2008, OT – 2001, Bildüberdruckskammer „Oktopusi” - 2008
138 2 arbeiten, Relief - 2008
139 2 arbeiten, Relief - 2008
140 2 arbeiten, Relief - 2008
141 Relief, 2008
142 Relief, 2008
143 Fado, 2009
144 Das Leben ist wie Zucker, nur muss du Lecken können.....
145 Mosaik teil I, 2010
146 Mosaik telil II, 2010
147 Mosaik teil III, 2010
148 Mosaik teil IV, 2010
149 2 arbeiten, Mosaik 2010, Colleage 2008
150 Colleage teil I, 2008
151 Colleage teil II, 2008
152 Colleage teil III, 2008
„Bilder von István Laurer”
Herausgegeben von Ács Ferenc
Budapest, Ungarn 2016
Gestaltung:
Druck:
© Ács Ferenc, Budapest
Fotocredit: István Laurer, Tamás Laurer und Ács Ferenc
Titel und rücken design: Balázs Brigitta
Vielen Dank den Autoren der Schriftlichen Beiträge
Texte: Karlzeinz Schmid, Miriam Wiesel, Manfred Schumann,
Verena Auffermann, Ingrid Mössinger, Dr Eva Athlan